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Die Zeiten werden rauher – lebhafte Zukunftsdebatte auf der Montagsdemo am 9.12.19

Nach anfänglich zögerlichen Beginn gab es viele Wortmeldungen zu den Erwartungen für das Jahr 2020 auf der letzten Kundgebung der Bochumer Montagsdemo in 2019.

„Auf unserer letzten Kundgebung in 2019 geht es darum, wie sich die Politik weiterentwickelt, es sei im Bereich der Umwelt, der Beschäftigungssicherung, der Sozialpolitik und den internationalen Konflikten“, leitete einer der Moderatoren die Debatte ein.

„Viele erhoffen sich nach dem Parteitag der SPD soziale Verbesserungen, insbesondere bei den Hartz-Gesetzen. Hier hat die SPD zwar sinnvolle Vorschläge gemacht wie z.B. ein längerer Bezugszeitraum für das Arbeitslosengeld I und die Erhöhung der Regelbedarfe bei Hartz IV. Gleichzeitig weiß die SPD auch, dass diese Vorschläge in der GroKo nicht durchzusetzen sind. Merkel hat angekündigt, dass sie bei diesen Themen nicht beim Koalitionsvertrag nachverhandeln wird“, argumentierte ein Redner, „es zeichnet sich zu Zeit auch nicht ab, dass die SPD aus der Großen Koalition austritt und damit Neuwahlen erforderlich sind“.

„Durch den langen Widerstand gegen Hartz IV durch zahlreiche Erwerbsloseninitiativen, einigen Parteien und der seit fast 15 Jahre bestehenden Montagsdemobewegung bundesweit sowie zahlreichen Klagen gegen Sanktionen bei Hartz IV hat ein gravierendes Umdenken in der Justiz eingesetzt. Das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, hat einen Großteil der Sanktionen wie Minderung der Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) als verfassungswidrig anerkannt. Die Minderung der Leistungen darf jetzt höchstens 30% der Regelbedarfe betragen, zudem ist zuvor eine umfangreiche Einzelfallprüfung vorgeschrieben. Auch dürfen die Sanktionen nicht generell für drei Monate gelten“, erläuterte ein Redner.

Eine Rednerin prangerte an: „Leute, die nicht mehr arbeiten können und Hartz IV beziehen, sollten nicht dauernden Schikanen der Jobcenter ausgesetzt sein (wie z.B. wiederholten ärztlichen Untersuchungen oder Maßnahmen), sondern in Rente gehen können“.

Eine weitere Rednerin sprach die Beschäftigungspolitik an: „Die Solidarität der Montagsdemo mit den Stahlarbeitern, den Beschäftigten bei den Automobilkonzernen und deren Zulieferer sowie allen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, muss sich ausweiten. Aktuell wurde eine Mitarbeiterin von Neovia entlassen (ihr befristeter Arbeitsvertrag wurde nicht verlängert) , die im Zentrallager von Opel-Warehouse als Leiharbeiterin tätig war. Sie weigerte sich, Samstags Überstunden zu machen und zeigte nach Ansicht der Geschäftsführung keine „Einsatzbereitschaft“. Außerdem setzte sie sich für bessere Arbeitsbedingungen wie weniger Arbeitshetze ein und motivierte auch die Mitarbeiter zum Widerstand. Das war der Geschäftsführung natürlich ein Dorn im Auge. Teile des Betriebsrats haben diese Kündigung nicht akzeptiert und werden dagegen vorgehen. Außerdem ist die Gründung eines Solidaritätskreises geplant, die entsprechenden Mitarbeiter treffen sich dazu am kommenden Mittwoch um 18.30 Uhr in Bochum-Langendreer im Cafe Cheese, direkt am „Stern“ in der Alten Bahnhofstr. und laden dazu auch Interessierte ein“.

Weitere Redebeiträge gab es zur Flüchtlingspolitik und zu den Protesten der Friday for Futures-Bewegung. Dazu sagte eine Rednerin: „Wir müssen diese Bewegung weiterhin unterstützen und die versuchten Angriffe von Liquidatoren, bestimmte linke Organisationen und Parteien auszuschließen, wie bisher gemeinsam erfolgreich abwehren. Wichtig ist, die Masse der Demonstranten davon zu überzeugen, dass diese Spalter nur die Absicht haben, die Proteste regierungsgetreu und im Sinne der Konzerne zu beeinflussen. Fahnenverbote und das Verbot des Verteilen von Flugblättern verstoßen gegen das Grundgesetz der freien Meinungsäußerung (das gilt nicht für Faschisten). Das sehen immer mehr Gerichte ebenso“.

Zwischenzeitlich wurde die Eingangshymne der Bochumer Montagsdemo gesungen.

„Der Einfluss der imperialistischen Staaten wird zunehmen. Alles deutet auf eine neue Weltwirtschaftskrise hin, weil die Konzerne um ihre Machtstellung ringen. Auch die aktuelle Situation in Syrien ist dafür ein Beweis. Wichtig ist, dass an der Arbeit der Vernetzung des internationalen Widerstands wie Streiks und Proteste oder aber Befreiungsbewegungen gegen faschistoide Regierungen gearbeitet wird „, hieß es in einer Wortmeldung, „eine internationale Organisation (ICOR)ist dabei auf dem richtigen Weg, denn hier haben sich viele kämpferische Organisationen und auch nationale linksradikale Parteien zusammengeschlossen, um gegen die Macht des internationalen Finanzkapitals anzugehen“.

Eine langjährige Montagsdemonstranten verschenkte an vorbei gehenden Kindern Plüschtiere, außerdem erhielt jeder Montagsdemonstrant ein Präsent.

Zum Schluss der Demo bemerkte eine Teilnehmerin: „Unser Transparent müsste aktualisiert werden. Es fehlt zum Beispiel ein Hinweis auf die Rechtsentwicklung in Deutschland“.

Einer der Moderatoren erinnerte an die Arbeit der unzähligen Ehrenamtlichen im sozialen Bereich, z.B. bei der Seniorenbetreuung und dankte ihnen im Namen der Montagsdemo dafür. Es ist ein Skandal, dass in einem so reichen Land wie Deutschland viele Dienstleistungsbereiche nur mit Ehrenamtlichen aufrecht erhalten werden können.

Mit der Abschlusshymne endete die Kundgebung. Die nächste Montagsdemo ist am 13.01.2020 dann wieder wie üblich am Husemannplatz. Das Thema wird der Streik der Stahlarbeiter sein.

Die Moderatoren
Ulrich Achenbach
Christoph Schweitzer

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