Umfangreiche Debatte auf der Bochumer Montagsdemo
Die heutige Kundgebung hatte nur wenig Teilnehmer, es entwickelte sich jedoch eine breite Diskussion zum Thema „Rechtsentwicklung in Deutschland“ und zur AfD. „Die hohen Wahlergebnisse der AfD sind nicht Folge der Protestwähler“, leitete einer der Moderatoren die Debatte ein, „es gibt natürlich Menschen, die aus berechtigtem Protest gegen die Politik der Bundesregierung eine angebliche Alternative suchten und die AfD wählten. Dadurch, dass diese Partei auch in den bürgerlichen Medien sehr häufig erwähnt wird, hat ihre Demagogie viele Wähler von ihrer faschistoiden Politik überzeugt. Die AfD ist aber keine Alternative und erst recht keine Partei der Arbeiter und kleinen Leute! Das zeigt sich z.B. an der Forderung der AfD, die Arbeitszeit und das Renteneintrittsalter zu erhöhen bzw. die Sozialversicherung ganz abzuschaffen!“
Ein Redner meinte, die AfD wäre eine „Protestpartei“, was anfangs zu großen Missverständnissen führte, wobei sich Passanten lautstark äußerten. Durch weitergehende Diskussion konnte dieses Missverständnis jedoch beseitigt werden. Prostestpartei ist so zu verstehen, dass mit dem faschistoiden Programm der AfD dagegen protestiert wird, dass z.B. Ausländer nach Deutschland kommen. Weiterhin „protestiert“ die AfD gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und ist angeblich gegen den Krieg. Im Gegensatz dazu fordert sie eine Vormachtstellung der Bundeswehr und einen weltweiten Einsatz des deutschen Militärs, auch gegen den Willen der betroffenen Länder!“ Schnell wurde klar, dass die AfD der Wegbereiter zum Faschismus ist und von allen Montagsdemonstranten abgelehnt wird.
In einer Wortmeldung wurde angesprochen, warum die AfD speziell in den neuen Bundesländer einen so hohen Zulauf hat. „In der ehemaligen DDR wurden die Ausländer gejagd, die Meinungsfreiheit unterdrückt und die Leute durch die Stasi bespitzelt – im angeblichen Sozialismus“.
Darauf entgegnete ein Moderator: „Zu diesem Zeitpunkt der Unterdrückung der Bevölkerung in der DDR gab es keinen Sozialismus mehr, er wurde bereits durch das bürokratische Regime von Ulbricht verraten und der Staatskapitalismus wurde von Honnecker weiter gefestigt. Die zwar staatlichen Betriebe waren ebenso nur auf Profit und Ausbeutung der Beschäftigten ausgerichtet wie die heutigen Konzerne im Kapitalismus. Bereits seit den frühen 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts hob sich der Staatsapparat von der Bevölkerung ab und errichtete eine staatskapitalistische Diktatur mit schweren Menschenrechtsverletzungen“.
Anmerkung: Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 richtete sich gegen die willkürliche Erhöhung der Produktionsnormen der Parteiführung ohne Einbeziehung der Basis. Das System Sozialismus wurde aber nicht angegriffen, lediglich die selbstherrliche Führung der SED. Da auch in der Sowjetunion der Sozialismus verraten und der Staatskapitalismus eingeführt wurde, kamen sowjetische Panzer zum Einsatz, den Volksaufstand in der ehemaligen DDR niederzuschlagen.
„Die AfD vertritt nach außen zwar die Interessen der Arbeiter und hetzt gegen die Migranten, dass sie den Deutschen die Arbeitsplätze wegnähmen. Damit betreibt sie eine absichtliche Spaltung der Beschäftigten. Migranten werden teils zu unmenschlichen Bedingungen beschäftigt, die unzumutbar sind. Das soll nach Ansicht der AfD anscheinend Maßstab für alle Arbeitsplätze werden. Wie ist es anders zu erklären, dass die AfD nie Streiks von Beschäftigten unterstützt hat?“, lautete eine Wortmeldung.
„Die AfD setzt sich eindeutig für den Weiterbetrieb von fossilen und sogar Atomkraftwerken ein. Sie leugnet die bereits begonnene Umweltkatastrophe und dementiert, dass sie von Menschen gemacht ist. Abgesehen von der Verschärfung der Klimakatastrophe durch die fossilen Kraftwerke ist die Atomkraft ein unbeherrschbares Risiko. Jemand könnte zum Milliardär werden, wenn er dafür eine Lösung hätte, den Atommüll sicher auf Dauer zu entsorgen. Ein sicheres Endlager gibt es nicht und wird es auch nicht geben!“, argumentierte ein Moderator.
Einhellig verurteilten alle Anwesenden die verlogene Politik der AfD und warnten vor der gefährlichen Partei, die ähnlich wie damals die NSDAP in Rattenfängermanier Wähler gewinnen will.
Das Thema Wohnungsnot in Bochum geriet etwas in den Hintergrund. Ein Redner merkte an, dass das Anliegen des Bochumer Rats, ausreichend bezahlbare Wohnungen zu schaffen, bei weitem nicht erfüllt ist. Die Zahl der Sozialwohnungen geht zurück, aktuell suchen immer noch über 2200 Haushalte eine entsprechende Wohnung (Quelle: Bericht des Mietervereins Bochum e.V.) „Wohnungen sind selbst durch Durchschnittsverdiener kaum bezahlbar, wenn man von ca. 8,95 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter und mehr selbst für kleine Wohnungen ausgeht. Auch der Mietenspiegel ist kritisch zu sehen. Auch hier spielen die Interessen der Vermieter, speziell der Wohnungskonzerne, eine große Rolle. Selbst auch diese Mietpreise sind noch so hoch, dass sie von Menschen mit geringem Einkommen kaum bezahlbar sind“, kritisierte ein Moderator.
Das Interesse an dieser Montagskundgebung war auch nicht zu verachten. Über 50 Flugblätter wurden verteilt und mit Interesse gelesen.
Die nächste Montagskundgebung findet regulär am 14. August 23 statt. Wegen der 19-Jahresfeier der Bochumer Montagsdemo ist dieser Termin noch nicht sicher. Weitere Informationen folgen.
Ulrich Achenbach
Christoph Schweitzer
Die Moderatoren