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Nachruf an verstorbenen Montagdemonstranten in Köln

Die Kölner Montagsdemo trauert um ihren verstorbenen Montagsdemonstranten der ersten Stunde. In dem Nachruf heißt es:

 Heute haben wir erfahren, dass unser langjähriger Mitkämpfer Richard Rehacek verstorben ist.

 Er erlag seinem langjährigen Lungenleiden bereits im November.Die Stadt Köln hat seine Beerdigung veranlasst, anonym, und es ist bürokratische „Üblichkeit“, dass kein Mensch davon erfährt. Die Betreuer in seiner letzten „Wohnung“ konnten mir nicht einmal sagen, ob seine Tochter informiert worden ist, zu der Richard doch noch losen Kontakt gehalten hat.

 Richard war ein Montagsdemonstrant der ersten Stunde. Er war selber „in Hartz IV“, und hat es bis zuletzt nicht aufgegeben, dagegen anzukämpfen. In den ersten Jahren wurde er immer wieder in ziemlich unsinnige „Fortbildungen“ gezwungen, die er auch absitzen musste, um den Bezug nicht zu verlieren. So lernte er – der gelernte Hotelkaufmann – bei diesen Fortbildungen den Umgang mit Computern oder Englisch – er, der einige Jahre in Schottland gearbeitet hat und fließend englisch sprach. Zahlreich waren seine Briefe an die Verantwortlichen für diese unsinnigen Maßnahmen, Sie griffen allesamt – sprachlich ausgefeilt und mit spitzer Feder – die ganze Absurdität dieser Maßnahmen an. Der eine oder andere wurde auch in bestem Amtsdeutsch beantwortet – wobei das eigentliche Anliegen aber stets vermieden wurde. Soll heißen: An der Sache wurde nichts geändert.

Richard wusste, dass sein Krebsleiden nicht mehr heilbar ist, und er war in den letzten beiden Jahren schon sehr schwach geworden. Was seinen Vermieter aber nicht daran hinderte, ihn vor zwei Jahren aus der Wohnung zu schmeißen. Damit er nicht auf der Straße landete, musste er beim Wohnungsamt an der Dillenburger Straße vorsprechen. Dort ließ man ihn, den schwer Lungenkranken, drei Stunden in der Novemberkälte draußen warten, um ihm dann ein Bett in einem Übergangsheim zuzuweisen. Wir als Montagsdemo haben damals in einem offenen Brief beim Wohnungsamt protestiert. Immerhin, dieser Brief wurde beantwortet – sie haben sich sogar entschuldigt. Aber genützt hat es ihm nichts. Das so genannte Übergangsheim wurde dann sein letzter Wohnort – und ich frage mich heute, ob dieser Begriff (Übergangsheim) so gemeint ist, wie er sich für Richard dargestellt hat..Von dort kam er nur noch umständlich mit Bus und Bahn weg , was für ihn immer beschwerlicher wurde, vor allem das Umsteigen und Warten an den zugigen Haltestellen.

emeinsam haben wir Eingaben gemacht beim Wohnungsamt, damit er tatsächlich eine Wohnung und nicht nur das lausige Zimmer bekommen kann – darauf haben die nicht einmal geantwortet. Immerhin hatte der Antrag bei der Pflegeversicherung Erfolg – die kamen, haben ihn begutachtet und in Pflegestufe 1 eingestuft – d.h. er bekam einen Stock für den Weg zur Haltestelle. Das wars.

 Richard ist aus seinem Beruf vor vielen Jahren rausgefallen, weil er, nach einem Raubüberfall, den er als Nachtportier erleben musste, nicht mehr auf die Beine kam und Panikattacken hatte. Von da an rutschte er in die Arbeitslosigkeit und dann in Hartz IV. Als er dann schließlich Rente bekam und damit den Hartz IV Bezug hinter sich hatte, war er erleichtert, weil endlich die Drangsalierung durch die ARGE ein Ende hatte, und weil er mit seiner kleinen schottischen Rente auch einigermaßen hinkam. In all den Jahren hat ihn sein ganz spezieller Humor, sein scharfer, schelmischer Blick auf die Absurditäten der Gesellschaft und des Lebens nicht verlassen.“Es ist schlimm, wie er gestorben ist.

Aber es ist schön, dass wir ihn gekannt haben und dass er einer von uns war.

 

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