Pressemeldung zur 424. Saarbrücker Montagsdemo gegen Hartz-Gesetze am 04.07.2016
Inhaltlich so dicht beieinander lagen die Beiträge auf der heutigen Montagsdemo zur sozialen Lage der Saarbrücker, egal ob sie hier geboren, hierher geflüchtet oder hierher eingewandert sind, dass sich ein ganz anderes Gesamtbild ergab, als das, was wir im allgemeinen vermittelt bekommen: es war nämlich eine richtige Willkommenskultur auf der Bahnhofstrasse und es gab viel Applaus für die meisten Redebeiträge durch die Umstehenden, darunter etliche Migranten. Ca. 20 – 25 Leute nahmen ständig teil.
„Was halten Sie vom sogenannten Integrationsgesetz, das diese Woche im Bundestag verabschiedet werden soll und das 100.000 1-Euro-Jobs für Migranten ebenso beinhaltet wie die die Aufhebung der Freizügigkeit für anerkannte Asylbewerber?“, war die Ausgangsfrage.
Wer erwartet hatte, dass sich die Leute so leicht spalten ließen, der irrte. „Ich bin auch für Integration. Für Integration in den gemeinsamen Kampf um Arbeitsplätze, unterschiedslos für freien Zugang zum Arbeitsmarkt, für Integration in die soziale – und sozialistische – Bewegung, damit diese gestärkt wird.“
„Integration im Regierungssinn heisst dagegen Anpassung an die Duldung der Ausbeutung, ans Maulhalten, ans Ducken – das kann es nicht sein“, sagte ein anderer.
„Wohnungsnot gibt es seit Jahren hier, was haben die Flüchtlinge damit zu tun?“
Dass nun weitere 1-Euro-Jobs geschaffen und als Wohltätigkeit verkauft werden, wurde insgesamt scharf angegriffen und in Beziehung gesetzt zur Einführung von Hartz IV, wodurch überhaupt erst dieser massenhafte Niedriglohnsektor geschaffen worden sei. „Das ist nun die Neuauflage von Hartz IV, und den Mittellosen werden weitere Massen Mittelloser hinzugefügt, das wird wieder über kurz oder lang Alle treffen.“
Ein Redner forderte die Pflicht-Teilnahme an Deutschkursen durch Geflüchtete. Ihm wurde nicht nur entgegengehalten, dass es viel zu wenige Kurse gibt.
Ein Redner, der zum ersten Mal bei der Montagsdemo war, entgegnete in aller Ruhe: „Es ist nicht gut, wenn man Menschen, die so viel hinter sich haben, gleich die Pistole auf die Brust setzt. Da muss man Geduld haben, ganz einfach. Das wird sich schon geben, wenn Einer Arbeit hat und nach und nach Interesse am Zusammenleben entwickeln kann, dann sieht er das von selbst ein, dass es gut ist, die Sprache zu lernen. Mir sind die vielen neuen Menschen schon recht.“
Empört wurde zur Kenntnis genommen, dass man Kindern, die seit Monaten im Saarland leben und die ganz ordentlich deutsch sprechen, bis heute den Schulbesuch vorenthält, solange ihr Verfahren noch nicht durch die Mühle der Verwaltung durch ist.
Und es wurde deutlich, wie sich die Probleme ähneln, bei aller graduellen Unterschiedlichkeit: „Es hat eine Rentenerhöhung gegeben – und nun bekomme ich 3.-€ weniger im Monat als vorher, weil die Krankenkassenbeiträge so gestiegen sind“, sagte ein Rentner. „Das Eis ist unerschwinglich dieses Jahr, oft mehr als 1.-€ fürs Bällchen! Dabei bekommen die Milchbauern viel zu wenig für ihre Milch. Wer verdient denn da zwischendrin – die Agrar- und Handelsketten?? Und überhaupt: ich bin im Altenheim, da reicht es hinten und vorne nicht mit dem Taschengeld, mit den Medikamenten ist es schlecht, – an allem wird gespart. Und dann wird auf Flüchtlinge gehetzt“, sagte eine Frau im Rollstuhl kopfschüttelnd.
Der Vertreter der MLPD lud zu einer Veranstaltung am kommenden Samstag ein: „Den Sieg sichern!“ Dokumentarfilm zum Bau eines Gesundheits- und Sozialzentrums in Kobane / Rojava durch internationale Brigaden der ICOR – Samstag, 09. Juli, 18:00 in der Nauwies 19. Er sagte dazu auch: „Flucht ist keine grundsätzliche Lösung für Millionen Menschen. Und der Film gibt ein Beispiel, wie Fluchtursachen tatsächlich bekämpft werden können und ein neues Leben aufgebaut werden kann“.
Abschließend erzählte die Moderatorin noch von der Einladung, die die Montagsdemonstrierer von der Erwerbslosengruppe der Gewerkschaft verdi erhalten hatten. „Das war ein erster neuer Schritt hin zur Bündelung der Kräfte vielleicht – wir Montagsdemonstrierer begrüssen das sehr“.
Die nächste Montagsdemo ist am 01. August. Los geht’s um 18:00 bei der Europa-Galerie. Wir sehen uns!
S. Fricker www.montagsdemo-saar.de