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Beitrag von Stefan Engel auf der Gelsenkirchener Montagsdemo im Februar 2016

Wir haben folgenden Redebeitrag von Stefan Engel auf der Montagsdemonstration in Gelsenkirchen am 1.2.2016 erhalten, den wir gerne dokumentieren:

Liebe Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener, liebe Montagsdemonstranten!

Die Montagsdemonstrationsbewegung ist vor 11 Jahren anlässlich der Hartz-Gesetze durch die Regierung Schröder/Fischer entstanden. Damals wurde uns erzählt, dass diese Hartz-Gesetze notwendig sind, um die Dauerarbeitslosigkeit zu reduzieren und vor allem die Menschen wieder in Arbeit zu bringen, die seit Jahren arbeitslos waren.

Letzte Woche wurde eine Untersuchung veröffentlicht, aus der hervorging, dass die Zahl der Dauerarbeitslosen in den letzten 11 Jahren kaum zurückgegangen ist. Das heißt, die Dauerarbeitslosigkeit hat das gleiche Niveau wie zu Beginn der Hartz-Gesetze. Damit sind diese Gesetze gescheitert! Geändert haben sich die Zahlen Kurzzeitarbeitslosen, wobei wir auch wissen, dass durch die Legalisierung der Werksverträge, der Leiharbeit und der Ausdehnung der Teilzeitarbeit zahlenmäßig die Arbeitsbevölkerung ausgedehnt wurde auf 43 Millionen, aber das sind vor allem Teilzeitjobs, von denen man nicht leben kann.

Man muss heute nach elf Jahren sagen, dass diese Harz-Gesetze gescheitert sind.

Interessanter Weise hat sich inzwischen der gesamte Bundestag und die Parteispitzen, einschließlich der Linkspartei auf den angeblichen Erfolg dieser Gesetze vereinheitlicht. Sie streiten höchstens noch darum , dass und ob die Betroffenen ab und zu etwas mehr Geld bekommen. Sie halten die Hartz-Gesetze auch deshalb für einen Erfolg, weil die Arbeitslosigkeit der Bundesrepublik stark zurück gegangen sei. Das ist meiner Meinung nach reine Augenwischerei, wenn man weiß, dass viele dieser Teilzeit- und Leiharbeitsjobs sehr schnell wieder abgeschafft werden, wenn die wirtschaftliche Situation sich eintrübt.

Momentan haben wir eine weltwirtschaftliche Situation, in der alle Zuwachsraten in der Industrie zurückgehen, gegen Null streben. Einen Aufschwung hat es in den letzten Jahrzehnten überhaupt nicht mehr, denn einen Aufschwung gibt es erst bei drei bis vier Prozent und mehr Wirtschaftswachstum.

Seit dem Ende der Weltwirtschafts- und Finanzkrise haben wir eine weltweite Stagnation mit einer Tendenz nach unten. Brasilien befindet sich in der Wirtschaftskrise, die Wachstumsraten in China gehen massiv zurück, Russland befindet sich in einer Wirtschaftskrise usw. Man kann sagen, die ganzen rohstoffproduzierenden und -abhängigen Länder befinden sich im freien Fall, weil die Rohstoffpreise so radikal gesunken sind , dass diese Länder ihre Staatskosten nicht mehr tragen können. In diesen Ländern gibt es eine Massenarbeitslosigkeit, Zechenstilllegungen im großen Umfang in Lateinamerika, in Afrika und auch in Asien. Und wir müssen uns auch im Klaren darüber sein, dass sich die wirtschaftliche Situation auch hier eintrübt. Wir haben die höchsten Unternehmenszusammenschlüsse seit 2007. Es ist interessant, dass es vor jeder Wirtschaftskrise immer einen immensen weltweiten Konzentrationsprozess gibt, in dem sich die großen Unternehmen zusammengeschlossen , sich gegenseitig Märkte abgekauft und auch „überschüssiges Personal“ abgespeckt haben. Man muss sich die unvorstellbare Summe im Kopf herum gehen lassen: 4,8 Billionen US Dollar macht allein im Jahr 2015 der Umfang der grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüsse aus, also ein gigantischer Prozess, der immer auch ein Vorzeichen einer Weltwirtschaftskrise ist. Vor jeder Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2000, 2007 gab es dieses Hochpuschen – ein letztes Mittel, um das überschüssige Kapital abzuschöpfen. Wir müssen aufpassen und wir tun gut daran, unseren eigenen Kopf zu gebrauchen. In den Betrieben wird von den Arbeitern mehr verlangt, sie sollen jetzt mehr Opfer bringen, damit die deutsche Wirtschaft auch weiterhin im Aufwind bleibt. Jetzt kommen die Tarifrunden und es fangen schon fast alle Unternehmerverbände und ihre Vertreter in Politik und Medien an zu heulen, wenn sie mehr Lohn bezahlen sollen.

Wir müssen unsere Überzeugungsarbeit stärken, die sozialen Frage hier auf der Montagsdemo stärker diskutieren, weil das unser Hauptanliegen ist und bleibt.

Glück auf!

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