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Montagsdemo Bochum: Doppelbestrafung der Transferbezieher durch „Beibehaltung oder Nichtverringerung der Hilfebedürftigkeit“

Das Schwerpunktthema der gut besuchten Montagskundgebung war die Rechtsvereinfachung des SGB II (Hartz IV) und damit verbunden die Wohnungssituation für Bedürftige.

„Wir begrüßen heute Günter Gleising, Ratsmitglied der Sozialen Liste Bochum, der über die aktuelle Wohnungssituation in Bochum informieren wird“, leitete einer der Moderatoren die Kundgebung ein.

Nach dem Lied „Wir haben den längeren Atem“ fuhr der Moderator fort: „Herr Gleising, Sie haben jetzt das Wort“.

„Die Soziale Liste einen besonderen Schwerpunkt in der Wohnungssituation. Sie ist Grundlage der weiteren zukünftigen Entwicklung der Stadt Bochum“, eröffnete Gleising seine Rede. „In der Bundesrepublik hat die Armut stark zugenommen, die Armutsquote ist in fünf Jahren von rd. 17% auf fast 19% der Bevölkerung gestiegen. Davon ist auch Bochum betroffen. Außerdem gibt es 2017 voraussichtlich nur noch rd. 11 000 öffentlich geförderte Sozialwohnungen“. Gleising forderte wie der Mieterverein und der Deutsche Städtetag die Schaffung von mehr bezahlbaren Wohnraum. „Die Soziale Liste setzt sich ein für eine Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum und die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Außerdem darf die Stadt Bochum städt. Grundstücke für den Wohnungsbau nur verkaufen, wenn der Erwerber dort mindestens 25% der Fläche für Sozialwohnungen vorsieht“.

Alle applaudierten.

Danach begann die allgemeine Diskussion am offenen Mikrofon. „Die Wohnungsbaupolitik ist überhaupt nicht an der Schaffung von Sozialwohnungen interessiert, es zählen nur Luxuswohnungen oder Einfamilienhäuser für Gutsituierte. Das ist nicht nur unsozial, sondern auch für die Umwelt nicht nachhaltig, denn immer mehr Flächen werden versiegelt. Statt Einfamilienhäuser könnten auch Häuser für mehrere Familien mit gleichem Wohnwert gebaut werden, ein Garten wäre trotzdem vorhanden. Wir begrüßen daher die Forderungen der Sozialen Liste. Im Übrigen ist es nicht hinnehmbar, dass vorhandene Wohnungen unbegrenzt leer stehen dürfen oder für andere Zwecke umgebaut werden“.

Unter dem Stichpunkt „bezahlbarer Wohnraum“ erläuterte einer der Moderatoren den Zusammenhang mit der geplanten Rechtsvereinfachung von Hartz IV: „Zukünftig soll es die Möglichkeit einer Gesamtangemessenheitsgrenze (Gesamtbruttomiete) bei den Kosten der Unterkunft für Bedürftige geben. Die Heizkosten richten sich nach dem sog. Bundesweiten Heizkostenspiegel und sind daher pauschaliert. Zwar können einige Leistungsbezieher u.U. davon profitieren, kommt es jedoch zu Nachzahlungen, geht der Transferempfänger leer aus. Niemand kann die Preisentwicklung von Brennstoffen voraussehen, die Preise werden aber garantiert nicht so günstig bleiben wie jetzt. Außerdem sind hohe Heizkostennachzahlungen fast immer die Folge von unzureichender Wärmedämmung des Gebäudes oder veralteter Heizungsanlagen, selten vom unsachgemäßen Heizverhalten des Nutzers. Ebenfalls dient der Bundesweite Heizkostenspiegel als Grundlage für die energetische Sanierung von Gebäuden und nicht als Angemessenheitsgrenze für Heizkosten nach dem SGB II oder SGB XII. Sollten demnächst das Jobcenter oder Sozialamt die Übernahme von Heizkostennachzahlungen verweigern, muss sofort dagegen Widerspruch bzw. Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden“.

„Ich sehe eine besondere Entrechtung durch die angebliche Sozialwidrigkeit der Beibehaltung oder Nichtverringerung der Hilfebedürftigkeit, wie es das Gesetz (SGB II) zukünftig vorsieht“, hieß es in einer Wortmeldung, „neben den schon bestehenden Sanktionen der Kürzung des Regelsatzes um 30% kommen zusätzlich noch Rückforderungsansprüche des Jobcenters für bereits gezahlte Leistungen hinzu, so dass der Hilfebedürftige für lange Zeit nur noch 70% des Regelbedarfs ausgezahlt bekommt. Das ist im Klartext eine doppelte Bestrafung. So ein Fall kann eintreten, wenn z.B. der ALG II-Empfänger eine geringfügige Tätigkeit ohne wichtigen Grund aufgibt“.

Der andere Moderator teilte mit: „Ich war auch kurzfristig erwerbslos und hatte einen Sachbearbeiter, bei dem ich keine Probleme bekam. Er sagte mir aber im Vertrauen, dass eine bestimmte Anzahl von Sanktionen nach Anweisung verhängt werden müssen, um zunächst Kosten zu sparen. Viele der Sanktionen werden jedoch von den Sozialgerichten aufgehoben“.

Die Montagsdemonstranten wiesen darauf hin, dass Betroffene bei Sanktionen sofort schriftlich Widerspruch bei der Widerspruchsstelle des Jobcenters bzw. der Bundesagentur für Arbeit erheben müssen. Ist die Sanktion offensichtlich willkürlich, muss sofort beim Sozialgericht eine Klage auf einstweilige Anordnung (Aufhebung der Sanktion) eingereicht werden.

In weiteren Wortmeldungen wurde auf die Veranstaltung in Bochum zum Internationalen Frauentag am 09.03.16 sowie auf die in Kürze stattfindende Weltfrauenkonferenz in hingewiesen.

Mit der Abschlusshymne endete die Kundgebung. Das Thema für die nächste Kundgebung ist ein Bericht über die Weltfrauenkonferenz.

Achtung! Wichtige Neuerung! Die Montagsdemo findet bis aufs Weitere nur noch alle 14 Tage in der ungeraden Woche statt. Die nächste Kundgebung ist also am Montag, dem 14.03.16.

Ulrich Achenbach
Moderator

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