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Rede Stefan Engel am 08.12.2014

Rede von Stefan Engel am 8. Dezember 2014
auf der Montagsdemo in Bochum
zur Stilllegung von Opel Bochum
Liebe Opelanerinnen und Opelaner,
liebe Montagsdemonstranten aus NRW,
liebe Freunde der kämpferischen Opelaner!
In den letzten Tagen gab es
sehr intensive Diskussionen:

Es ging um die Frage,
ob die Stilllegung von Opel Bochum
als eine Niederlage der Opel-Arbeiter
bewertet werden soll oder nicht.

Natürlich hat General Motors,
eines der mächtigsten internationalen Monopole der Welt,
hat die Bundesregierung,
gestützt auf die Kapitulation der Klassenzusammenarbeitspolitik
der rechten Gewerkschaftsführer erreicht,
dass Opel Bochum jetzt geschlossen wird.

Und es ist auch gelungen,
einen unbefristeten Streik der Opelaner
gegen die Stilllegung zu unterbinden.

Trotzdem wäre es einseitig und falsch,
den Kampf der Opelaner
nur als eine Niederlage darzustellen.
Den Herrschenden kam es von Anfang an darauf an,
dem kampfstarken Zentrum der deutschen Arbeiterbewegung
der letzten Jahre,
den Opelanern,
eine Niederlage beizubringen.

Und nicht nur das:

Sie wollten den Kampfgeist dieser Opelaner brechen,
die mit ihrem Streik 2004
ein Signal an die ganz Arbeiterbewegung in Deutschland
und auch über Ländergrenzen hinaus gesendet haben.

Sie wollten letztlich die Opelaner zu einem Kniefall bewegen:
einem Kniefall vor General Motors,
einem Kniefall vor den angeblichen ökonomischen Notwendigkeiten der Strukturveränderungen,
einem Kniefall vor dem Verlust des Arbeitsplatzes
und nicht zuletzt
ihre Kampfmoral und Würde brechen.

Und dafür wurden die abgefeimtesten Methoden aufgefahren:

Erstens:
Zuerst sollten die Opelaner dem zustimmen,
dass sie nur dann bis 2016 weiter arbeiten können,
wenn sie mindestens 10 Prozent ihres Lohnes opfern.

Umgerechnet auf die Arbeitstage wäre das so,
als wenn man sieben Wochen für Opel umsonst arbeiten soll,
nur damit das Werk noch zwei Jahre länger Autos produziert.
Die überwältigende Ablehnung der Opelaner
in der Abstimmung über diesen faulen Kompromiss
war ein Signal an alle kämpferischen Kräfte
in der Arbeiterbewegung.

Das war ein taktischer Sieg
gegen den angebotenen faulen Kompromiss.
Zweitens:
Den Opelanern wurde eingeflüstert,
dass an diesem Stilllegungsbeschluss
nunmehr nichts mehr zu ändern sei
und sie deshalb doch gefälligst
der notwendigen Stilllegung zustimmen sollten.

Das haben die Opelaner bis zum letzten Tag verweigert.

Sie haben stattdessen diese Stilllegung nie akzeptiert
und damit den Herrschenden aufgezeigt,
dass sie mit den Arbeitern nicht tun und lassen können,
was sie wollen.

Vor allem ist es völlig misslungen,
die Arbeiter dazu zu bewegen, zu sagen:

„Es ist leider nichts anderes möglich.
Wir stimmen diesem Ergebnis zu.
Immerhin haben wir eine Transfergesellschaft von zwei Jahren.
Immerhin haben wir ein paar Abfindungen.
Immerhin können einige nach Rüsselsheim
oder nach Eisenach versetzt werden
oder in das Werk III.
Insgesamt doch eine ganz annehmbare Lösung!“

Nein, die Opelaner sind stabil geblieben!

In Würde und klassenbewusst haben sie entschieden:

Wir sind gegen diese Politik,
weil sie eben keine Lösung ist,
weil sie Tausende von Arbeitsplätzen im Ruhrgebiet vernichtet,
wo viele Städte
immer noch zweistellige Arbeitslosenzahlen haben,
weil es eine Lösung ist,
die nur den GM-Kapitalisten nützt
und der Arbeiterschaft schadet.

Vor allem haben die Opelaner es abgelehnt,
ihre eigene politische Abstrafung für gut zu befinden,
die nur aus einem einzigen Grund erfolgt:

Sie haben ihren Widerstand nie aufgegeben!

Wiederholt haben sie also über einen Streik abgestimmt
und damit ihre unversöhnliche Haltung
gegen die Stilllegung zum Ausdruck gebracht.
Drittens:
Mit der Stilllegung klafft
die offene Wunde des Klassenantagonismus,
was mit den ganzen Sozialplänen
politisch vermieden werden sollte.
Das allgemeine Gesäusel
von Geheimverhandlungen und Sozialplangeschwätz
sollte die Leute darüber hinweg täuschen,
dass hier ein Konzern schnöde
über die Existenz von Tausenden von Arbeitern hinweg geht,
um seine Profite zu sichern.

Dafür haben sie von den Arbeitern
keine Zustimmung bekommen.

Diese grobe Ungerechtigkeit muss GM alleine verantworten.

Sie ist Ausdruck der Diktatur der großen Monopole,
die meinen,
sich alles widerspruchslos erlauben zu können.

Dass die Arbeiter die Stilllegung nie akzeptiert haben,
bedeutet das Scheitern der Klassenzusammenarbeitspolitik,
an der sich die rechte Gewerkschaftsführung
schändlich beteiligt hat.

Und das ist auch die Fackel,
die hier weiter getragen werden muss.

Es ist die Fackel der Klassenselbständigkeit,
das konsequente Festhalten an den Interessen der Arbeiter,
die Absage an den faulen Zauber
der vermeintlich gemeinsamen Interessen
zwischen Unternehmen und Arbeitern.

Nicht die Kapitalisten haben Probleme nach der Stilllegung,
sondern die Arbeiter haben das auszubaden.
Sie verlieren den Arbeitsplatz.

Sie kommen in eine ungesicherter Zukunft.

Ein letzter Punkt:

Warum ist es nicht zu einem Kampf gekommen,
obwohl die Belegschaft in den letzten beiden Jahren in
über zehn kämpferischen Aktionen,
Streikaktionen,
Blockaden,
verlängerten Pausen,
verlängerten Betriebsversammlungen usw.
gezeigt hat,
dass sie kämpfen will?

Das ist eine komplizierte Angelegenheit.

Erinnern wir uns:

Opel Bochum wurde 1962 errichtet,
als ein Projekt der Befriedung der Arbeiter.

Opel war von Anfang an ein Abkehrbetrieb
für die damals noch 600.000 Bergleute,
die zu Hunderttausenden
ihre Arbeitsplätze im Bergbau verloren
und irgendwo untergebracht werden mussten.

Damals gab es Demonstrationen und wilde Streiks
gegen diese Stilllegungen.
Es musste durch eine sogenannte „Strukturpolitik“
erreicht werden,
dass die Arbeiter untergebracht werden,
um sie vom Kampf abzubringen.

Das haben sich die Regierungen viel kosten lassen.

Opel hat das erste Jahr 1962
völlig ohne Lohnzahlungen gearbeitet.

Das wurde alles staatlich subventioniert.

Sie haben eine riesige Fläche bekommen usw.

Man hat damals vor 50 Jahren
die vielen kämpferischen Leute zu Opel gebracht.

In den letzten 50 Jahren wurden
mindestens 50 selbständige und gewerkschaftliche Streiks durchgeführt.

So viele wie in keinem anderen Betrieb Deutschlands.

Und trotzdem hat die Opel-Belegschaft diesmal,
in diesem entscheidenden Moment,
ihren unbefristeten selbstständigen Streik,
der noch etwas an der volksfeindlichen Stilllegung
hätte ändern können,
nicht hingekriegt.

Das hatte etwas damit zu tun,
dass sich die so genannten „Linken“,
wie die Linksreformisten im Betriebsrat
und auch in der Vertrauenskörperleitung,
diesmal partout gegen jede Art von Streik wendeten.

Sie errichteten einen regelrechten Damm
gegen einen solchen Streikbeschluss.

Am Anfang verkündete Einenkel:
„Es ist noch zu früh zum Streik!“

Später war es dann plötzlich zu spät!

Immer weiter rückte
eine antikommunistische Hetze vor:

„Wenn ihr streiken wollt,
dann müsst ihr mit den Kommunisten zusammengehen,“
hieß es.

Man wollte so tun,
als müsste dem Streikbeschluss
erst einmal der Eintritt in die MLPD vorausgehen.

Es war natürlich eine reine Demagogie,
den notwendigen Streik als kommunistischen Putsch darzustellen.

Das verunsicherte und verwirrte!

Vor allem mussten die Arbeiter erst damit fertig werden,
dass die linken Streikführer der letzten 20 bis 30 Jahre
plötzlich gegen Streiks waren.
Neue Arbeiterführer haben sich herausgebildet,
die sich an die Spitze der Streiks stellen wollten.

Aber es hat noch nicht dazu gereicht,
das notwendige Vertrauensverhältnis aufzubauen,
um dieses Problem zu lösen.

Der schändliche Verrat der Linken,
unserer sogenannten „Links-Gewerkschaftler“,
hat die Arbeiter verunsichert und einen Streik verhindert.

Mit diesem Verrat müssen die leben.

Und dieser Verrat wird ewig mit den Namen
Einenkel, Murat und Gabriel verbunden sein.
Die Arbeiter können nicht willkürlich kämpfen
ohne Organisation,
ohne Gewerkschaft,
ohne Kampforganisation,
ohne Vorbereitung,
ohne Ziel
und ohne Plan.

Vereinzelt ist der Arbeiter im Kapitalismus ein Nichts –
mit oder ohne Abfindung.

Deshalb ist die Stärkung der Organisation der Arbeiter
die entscheidende Schlussfolgerung aus diesem Kampf.

Wenn wir heute sagen,
die Fackel muss weiter getragen werden,
dann sagen wir vor allem:

Arbeiter, organisiert euch!

Behaltet eure Klassenselbstständigkeit!

Verliert über die süße Schmeichelei von Sozialpartnerschaft niemals die Arbeiterrealität aus den Augen!

Und wenn gewerkschaftliche Streiks
nicht zustande kommen,
dann müsst ihr auch bereit sein,
in den selbstständigen Streik zu treten.

Denn die Klasseninteressen
können nur im Kampf gegen die Monopole und ihren Staat durchgesetzt werden.

Das wäre auch die wichtigste positive Kritik
an dem schändlichen Verhalten
der rechten Gewerkschaftsführung,
wenn man von der Basis her die Initiative ergreift
und das tut,
was getan werden muss!

Glück auf an alle Opelaner!

Glück auf an alle, die sich solidarisiert haben!

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