Wir sind Trägerorganisation des:

Keine positiven Erwartungen

Bochumer Montagsdemo sieht keinen Politikwechsel durch neue Regierung

Auf der letzten Montagsdemo in 2021 ging es um die neue Regierungspolitik der Ampel-Koalition und deren Vertrauen beim Großteil der Bevölkerung. Das Schwerpunktthema war der Forderungskatalog der Bundesweiten Montagsdemo an die neue Regierung. „Wir können auch von der neuen Regierung keine grundlegenden Verbesserungen der jetzigen Politik erwarten, allenfalls wenige Zugeständnisse.  Zwar wird in dem Sondierungspapier von Rot-Gelb-Grün „das Blaue vom Himmel“ versprochen. Das meiste von diesen Versprechungen im dem Sondierungspapier wird nicht umgesetzt – wie bei allen anderen vorherigen Regierungen auch. Der Grundsatz der Abwälzung der Krisenlasten auf einen Großteil der Bevölkerung zugunsten der Konzerne bleibt bestehen“, hieß es in einem Einleitungsbeitrag der Kundgebung.

„Ich erwarte keine Verbesserungen für die Armen in Deutschland“, äußerte sich eine Rednerin, „es wird alles teurer, aber die Einkommen steigen kaum. Die drei Euro Erhöhung bei Hartz IV und der Grundsicherung sind eine Verhöhnung der Erwerbslosen, auch mit der Einführung des Bürgergelds anstelle von Hartz IV wird sich nichts ändern! Wir müssen weiterhin auf die Straße gehen!“, empörte sich eine Rednerin.

Ein Redner bestätigte: „Das Bürgergeld ist im wesentlichen nur eine Umbenennung der bisherigen Hartz-Gesetze, denn die SPD und Grünen wollen aus ihrer „Schmuddelecke“ heraus, schließlich war es die damalige Schröder/Fischer-Regierung, die das Arbeitslosengeld II einführten. Zwar gibt es durch das neue Bürgergeld einige Zugeständnisse wie z.B. keine Vermögensprüfung und Prüfung der Angemessenheit der Unterkunft in den ersten beiden Jahren des Leistungsbezugs oder die Erhöhung der Hinzuverdienstgrenze für die Leistungsbezieher auf 520,00 Euro monatlich (faktisch eine Förderung der Ausweitung der Minijobs). Großmäulig wurde im Sondierungspapier angekündigt, das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein. Die jetzige bürokratische Praxis lässt grüßen! Kein Wort jedoch über eine Erhöhung der Regelbedarfe oder der Abschaffung von Sanktionen! Ursprünglich sollten die Regelbedarfe um 31,00 Euro nach den Wahlversprechungen von Rot-Grün steigen, aber was interessiert das Geschwätz von gestern?“

„Auch die Rentner wurden betrogen. Entgegen der Absicht noch der Vorgängerregierung unter Bundeskanzlerin Merkel sollten die Renten 2022 um 5,2% steigen. Jetzt beschloss die Ampelkoalition nur eine Erhöhung um 4,4% und bezeichnete diese sogar noch als großzügig! Damit ist nicht einmal die steigende Inflation ausgeglichen, die sich der 6-Prozent-Marke nähert!“, hieß es in einer Wortmeldung, „anstatt das Rentenniveau zu erhöhen, garantiert die neue Regierung nur die Festschreibung der bisherigen 48% des durchschnittlichen Bruttoeinkommens!“

Ein Redner berichtete über einen Fall von extremen Bürokratismus in einem Sterbefall. Eine ausländische Frau, die bisher nur einen Duldungsstatus in Deutschland (Bochum) hatte, ist an den Folgen von Corona verstorben. Ihre Tochter, die ebenfalls in Deutschland lebt, bezieht Hartz IV. Da die Mutter mittellos war, wurde die Beerdigung auf Kosten des Amtes für Soziales durchgeführt. Dabei erkannte die Stadt Bochum jedoch nur einen Teil der Kosten für eine Erdbestattung an, darunter fielen selbst die amtlichen Gebühren für eine Bestattung. Allein schon die Zuständigkeit der Behörden war ein Fiasko. Da die Tochter in Gladbeck wohnt, sollte das Sozialamt Gladbeck zuständig sein, diese Behörde verwies jedoch an eine Stelle in Münster. Die Sachbearbeiter in Münster erklärten jedoch, das Sozialamt in Bochum sei zuständig.

Die Tochter als nahe Angehörige blieb auf ca. 2000 Euro Beerdigungskosten sitzen, die sie in Raten vom ALG II abzahlen sollte. Hier sprang ein Verwandter ein und finanzierte die Verbindlichkeit, er musste dazu aber selbst einen Kredit aufnehmen. Dieses Vorgehen der Stadt Bochum – Amt für Soziales – ist ein Skandal und gehört daher in die Öffentlichkeit! Ich werde daher die Tochter der verstorbenen Mutter kontaktieren und das weitere Vorgehen besprechen, denn diese Sache ist keine „Privatangelegenheit“.

Die Montagsdemonstranten beschlossen einstimmig, eine evtl. Protesterklärung nach Absprache mit der Tochter an die Stadt Bochum zu senden.

Eine Stahlarbeiterin berichtete von dem Kampf der Belegschaften gegen Arbeitsplatzabbau und für eine entsprechende Erhöhung der Entgelte augrund der Teuerungsrate. Eine Mitarbeiterin der Universtität Bochum erklärte, dass eine „Transformation“ (dieser Begriff kommt im Sondierungspapier vor) nur von der Arbeiterklasse ausgehen kann.

Ein Jugendlicher empörte sich lautstark über die Situation im Ausbildungswesen. „Seit langem suche ich vergeblich eine Lehrstelle! Auch ein Schülerpraktikum war nicht zu bekommen! Die Ausbildungssituation ist Scheiße!“ Eine Vertreterin des Jugendverbands Rebell monierte das unzureichende Bildungsniveau an den Schulen sowie den Lehrermangel, den Rückgang der Ausbildungsplätze und die überzogenen Einstellungsvoraussetzungen der Unternehmen an die Auszubildenen. „Viele Unternehmen verlangen eine „perfekte“ Fachkraft und bringen den jungen Leuten kaum etwas bei“, sagte ergänzend ein Redner.

Nach einem Song vom Jugendverband Rebell zur Situation der ehemaligen Bergleute endete die Kundgebung. Einer der Moderatoren wünschte allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes Neues Jahr. Als krönenden Abschluss verteilte eine langjährige Montagsdemonstrantin kleine Geschenke an die Teilnehmer-innen der Kundgebung.

Die nächste Montagsdemo ist am 10.1.2022 um 18.00 Uhr am Husemannplatz.

Die Moderatoren
Ulrich Achenbach
Christoph Schweitzer

 

Comments are closed.