Statement von Ulja Serway, eine der Sprecher*innen der Bundesweiten Montagsdemo:
Die Prospekte der Discounter waren voll mit Werbung für Blumen, Pralinen und Champagner zum Frauentag. Nichts gegen Blumen und Pralinen! Aber den Internationalen Frauentag zu einem zweiten Valentinstag zu machen, kommt nicht in die Tüte. Von Anfang an ist die bundesweite Montagsdemobewegung eng verbunden mit dem Kampf um die Befreiung der Frau. Wir freuen uns, dass der diesjährige Internationale Frauentag auf einen Montag fällt und wir ihn vielerorts gemeinsam mit der kämpferischen Frauenbewegung begehen.
Der Internationale Frauentag ist heute wichtiger denn je. Das Krisenmanagement zur Corona-Pandemie in Verbindung mit der Weltwirtschafts- und Finanzkrise verschärft die Armut in Deutschland. Die Armutsquote erreichte 2020 mit 13,2 Millionen Menschen einen Höchststand. Frauen sind dabei besonders gefährdet. Die Steuererleichterung für Alleinerziehende und Einkommensschwache, die im Sommer beschlossen wurde, bedeuten für viele sogar einen Einkommensverlust, weil sie ihren Anspruch auf Wohngeld damit verlieren. Der Kampf gegen die Hartz-Armuts-Gesetze gehört deshalb auch ins Repertoire der wichtigsten Forderungen der kämpferischen Frauenbewegung und hat auch eine wichtige Verbindung zum Kampf gegen Sexismus. Bis 2009 haben Jobcenter Frauen an Bordellbetriebe vermittelt. Inzwischen wurde das nach Protesten eingestellt, aber nach wie vor gilt, wer einen Job im Sexshop oder an der Bar eines Bordells nicht annehmen will, kann sanktioniert werden.
Gerade Frauen sind in ihren Berufen besonders von den Auswirkungen der Corona-Pandemie in Wechselwirkung zur Wirtschaftskrise betroffen, sei es durch die erhöhte Gefahr durch Ansteckung und Arbeitsüberlastung als Krankenschwester oder Erzieherin oder durch Kurzarbeit und Entlassung als Verkäuferin. In der Altenpflege sind 84,2%, in der Erziehung/Sozialarbeit 83,5%, im Einzelhandel 80,8% Frauen. Im ersten Lockdown verloren 7,3% der Frauen ihren Job, unter den Männern waren es nur 4,8%.
Bundes- und Landesregierungen haben den ganzen Sommer verstreichen lassen, ohne Konzepte für eine durchdachte Öffnung der Kitas und Schulen unter konsequentem Gesundheitsschutz zu entwickeln und vor allem umzusetzen. Durchdachte Sofortprogramme mit kleineren Klassen, Luftreinigern in allen Räumen, mehr Schulbussen, Massentests usw. z.B. vom Frauenverband Courage oder dem Jugendverband REBELL wurden geflissentlich ignoriert. Jetzt entdecken auf einmal alle – von Unternehmerverbänden über die Regierung – angeblich ihre Sorge um die Gesundheit, die Psyche der Kinder. Das ist echte Heuchelei und zweckgesteuert. Die Schulen sollen vollständig geöffnet werden, damit die Eltern wieder voll arbeiten gehen können. Wo ist und war denn die Sorge um die Gesundheit der Kinder, die durch Kinderarmut durch die Hartz-Gesetze erzeugt wird? Mehr als jedes fünfte Kind und Jugendlicher wächst in Armut auf.
Wenn über die Lage der Frauen in der Corona-Pandemie berichtet wird, reduziert sich dies meistens auf die Bewältigung des Alltags in der Krise. Doch Frauen sind mehr! Sie sind Umweltkämpferinnen, Organisatorinnen derer Flüchtlingssolidarität, Streikführerinnen im Kampf gegen Werksschließungen. Sie legen sich mit dem Verfassungsschutz an, der dem Frauenverband Courage vorschreiben wollte, dass Marxisten-Leninistinnen nicht mitarbeiten dürfen. Sowie vor 150 Jahren bei der Pariser Commune kämpfen Frauen für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Frauen wollen vorwärts und nicht zurück.
Organisieren wir gemeinsam den Protest gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen und schließen wir uns von der Montagsdemobewegung und Frauenbewegung dazu noch enger zusammen. Her mit dem ganzen Leben – Brot und Rosen! Alles Gute zum Internationalen Frauentag!