10 Jahre Montagsdemo, eine Fortsetzung der friedlichen Revolution oder etwas völlig Anderes
10 Jahre, 52 Wochen pro Jahr sind wir auf der Straße immer wieder Montag, egal ob Sommer oder Winter, Regen oder Sonnenschein, Feiertag oder nicht, ununterbrochen haben wir ein Signal gesetzt. Wir geben nicht auf uns für soziale Gerechtigkeit einzusetzen.
Begonnen am 02.08.2004, eine Woche nach der ersten Magdeburger Montagsdemo fingen wir mit 60 Menschen an. Es wurden 4000 und im Herbst gingen die Teilnehmerzahlen wieder zurück.
Als wir 2004 massenhafte Armut voraussagten, wurden wir als Schwarzmaler bezeichnet. Als wir 2004 den „Hartz IV- Gesetzen“ ein Scheitern voraussagten, wurden wir der Lüge bezichtigt. Unsere 2004er Aussage: „Hartz IV ist erst der Anfang“ wurde als Nörgelei abgestempelt.
Nun schreiben wir das Jahr 2014. Beurteilen Sie selbst, wie falsch oder richtig unsere Aussagen waren.
So wie der Kapitalismus seine Konjunkturen und Krisen aufweist, so haben auch die Proteste gegen die Zumutungen des marktwirtschaftlichen Alltags ihr Auf und Ab. Mitte Juli 2004 verschickte die Bundesagentur für Arbeit die Formulare zum ALG II. Sie provozierte damit nicht im Osten der Republik in wenigen Wochen breiten Widerspruch. Anfang August begannen die ersten Demonstrationen. In ungebrochen positiver Anknüpfung an den Herbst ’89 protestierten bald Hunderttausende, die sich bis dahin mehrheitlich für eher unpolitisch und »normal« gehalten hatten. Bis zum Oktober hielten die breiten Demonstrationen an, obwohl die Hoffnung, »Hartz IV« zu stoppen, längst geschwunden war. Auch ohne konstruktive Alternative und ohne mächtige Bündnispartner zeigten die Demonstranten ihre Betroffenheit und einen trotzigen Glauben an die eigene gerechte Sache. Bis heute sind einzelne Gruppen aktiv. Allen Instrumentalisierungsversuchen haben sie – wenn auch mit Mühe – widerstanden.
Jetzt sind 10 Jahre vergangen. Ist es besser geworden? Nein!
Eine Bund- Länderarbeitsgruppe erarbeitet die nächste Verschlechterung für Hartz IV Bezieher. Unter den Deckmantel Vereinfachung werden weitere Kürzungen vorbereitet und wie sollte es sein, kurz vor Weihnachten in Gesetzesform gebracht.
Gera, wo seit dem 02.08.2004 Montagsdemos in ununterbrochener Reihenfolge stattfinden, ist Pleite. Erst musste die Stadtwerke Aktiengesellschaft, die Konzernmutter, dann die Töchter Geraer Verkehrsbetrieb GmbH und Flugbetriebsgesellschaft Insolvenz anmelden.
Jetzt werden Investoren gesucht für den Verkehrsbetrieb und die Geraer Wohnungsgesellschaft!?
Aha, Investoren werden gesucht, das böse Wort Privatisierung kann so vermieden werden!
Und warum schon wieder auch für die Wohnungsgesellschaft Elstertal, die schon im Juni verkauft werden sollte? Es ist einfach der nächste Anlauf, das letzte Tafelsilber zu verkaufen.
Was kommt danach? Keiner weiß es.
Sekt oder Selters war eins unserer Mottos zu den Montagsdemos. Es wird wohl auf die Selters hinauslaufen, denn wie bei der Finanzkrise, die Lasten werden die kleinen Leute tragen. Sei es durch Steuererhöhungen wie in Gera, die Mittelstadt mit dem höchsten Grundsteuerhebesatz, sei es durch Leistungsabbau, wenn der Straßenbahntakt geändert wird, sei es durch Entlassungen und Lohnkürzungen.
Da fällt mir nur noch eine Silly-Textzeile ein, alles wird besser, doch nichts wird gut!
Weil nun schon 10 Jahre vergangen sind, laden wir dazu ein, am Montag den 04.08.2014 ab 16 Uhr teilzunehmen an unseren Protest vor dem Stadtmuseum von Gera.
Sein sie herzlich willkommen.
Thomas Elstner
Vorsitzender der Initiative für soziale Gerechtigkeit Gera e.V.