Die Montagsdemo heute bot ein feierliches Bild: Ein Gabentisch war da, wohin alle TeilnehmerInnen ihre mitgebrachten kleinen Geschenke brachten – und sich zum Schluss jeweils eins auswählen konnten. Hell erleuchtet darauf die Losung: „Trotz alledem – frohes Fest!“ Kerzen und Lichterschmuck, feines heißes Getränk für den anschließenden kurzen Umtrunk hatte Einer mitgebracht.
Die Abstandsregelungen längst eingeübt und dennoch ungeliebt, hoffend auf ein nächstes Jahr ohne tödliche Krankheit, versammelten sich heute etwa 15 MontagsdemonstriererInnen, etliche Passanten stießen nach und nach dazu.
„Die Politiker müssen einem echt leidtun – die stecken voll in der Zwickmühle, das Volk bei Laune und die Familienidylle für Weihnachten hoch zu halten einerseits – und Garantie auf die Maximierung der Konzernprofite geben andrerseits. Wer soll diesen Spagat bloß schaffen können??“, meinte sarkastisch eine Frau.
„Die Montagsdemo ist gereift in diesem letzten Jahr: Sie hat Kurs gehalten in der Pandemie. „Die Corona Krise ist nicht die Wurzel allen Übels, wie es dargestellt wird. Sie vertieft, befeuert und verschmilzt alle längst bestehenden Krisen der kapitalistischen Gesellschaft. Nach dem Verbot der Demo im April rappelte sie sich schon im Mai und erkämpfte als eine der ersten Bewegungen das Demonstrationsrecht zurück – gegen das Krisenmanagement der Regierung schälte sich immer deutlicher heraus: Wirklicher Corona-Protest ist links!“, war eine Einschätzung zur Lage.
Es wurde jedoch auch klar: Die Stadt Saarbrücken beabsichtigt offenbar, Kundgebungen wie diese künftig dauerhaft auf die Ecke Reichsstr. / Karl-Marx-Str. zu verbannen. Mit fadenscheinigen Argumenten. Auch andere Organisationen machten in letzter Zeit diese Erfahrung bereits. Hallo Herr CDU-Oberbürgermeister Uwe Conrad! Wir lassen uns nicht gerne drangsalieren und das Demonstrationsrecht ist kein symbolischer Akt für zugige menschenleere Ecken. Im nächsten Jahr werden wir wieder sichtbar dastehen – und unsere Strecke laufen.
Die Regelsatzerhöhung um 14.-€ ab 01.01.21 wurde auseinandergenommen, ebenso die Methode der Festsetzung des Regelsatzes. „50 Cent pro Tag mehr Geld für erwachsene Hartz-IV-Betroffene – so viel sind wir den Parlamentariern also wert – ich möcht‘ nicht wissen, wie die aufheulen würden, wenn‘s bei der Diätenerhöhung auch um solche Beträge ginge“, hieß es. „Wir sind keine Bittsteller hier. Wir fordern die Abschaffung der Hartz-Gesetze, wohl wissend, dass Ihr da oben keinerlei Finger dafür rühren werdet, wenn Ihr den Druck der Straße nicht ernsthaft spürt“.
Eine Rednerin ließ uns über den Tellerrand der unmittelbaren Erfahrungen hinausschauen und forderte dazu auf, einen Covid-Impfstoff weltweit zu verteilen statt die Impfdosen in den reichen Industrienationen zu horten und alles „schön zu schwätzen“. Sie berichtete von indigenen Völkern Lateinamerikas, wo die Menschen dem Virus schutzlos ausgeliefert sind. In ihre relative Abgeschiedenheit drang mit den Bergbau- und anderen multinationalen Konzernen die internationalisierte Produktion ein und damit auch die Ansteckungsgefahr.
Aber auch die Situation vor Ort wurde unter die Lupe genommen:
Ein Mitstreiter, Viel-Radler und Fußgänger, benannte eine Reihe „Stolperfallen“ im Raum Saarbrücken, fahrlässig abgesicherte Baustellen, überwucherte Radwege, eine vermüllte Treppe zur Fußgängerbrücke in Malstatt und meinte: „Das ist eine schleichende langwährende Verwahrlosung des öffentlichen Raums. Mit dem zu erwartenden Staatsbankrott können wir uns auf eine sprunghafte Entwicklung einstellen – aber hinnehmen werden wir sie nicht. Und was ich noch kurz sagen wollte: Ich bin froh, dass der Mann aus Washington endlich gehen muss.“ Und eine Frau fügte hinzu: Um 86 Millionen hat sich allein die Staatsbank prellen lassen von Wirecard, dieses Verteilungsprinzip ist systemimmanent, – keine Rücksicht auf das ‚Argument‘ der leeren Kassen!“
Ein Mann deckte gründlich auf, mit welchen Tricks Kultusministerin Speichert-Clivot die Schulen um jeden Preis offen halten will, stellvertretend für viele andere Zahlenspielereien, mit denen wir es zur Zeit zu tun haben. Hier abschließend ein Auszug daraus:
„…am 03.11: 2.803 Schüler und Lehrer in Quarantäne, etwa 6 Wochen nach den Ferien. Am 08.11.: 4.640 in Quarantäne. Am 10.11.: 5.593 sind es schon. Und am 02.12. behauptet Speichert-Clivot: „Mit 2.522 Lehrern und Schülern in Quarantäne ist das Infektionsgeschehen an Schulen im Saarland vergleichsweise gering“. Wie kommt es zu dieser niedrigen Zahl – die Hälfte vom Vormonat? Nun, am 10.11. wurden die Quarantäneregeln gelockert. Die niedrigeren Zahlen resultieren schlicht aus der Neudefinition von Quarantäne – und dann noch die Frechheit, diese Tricks als Beleg für niedriges Infektionsgeschehen zu nehmen. Interessant auch die Begründung: Die Gesundheitsämter könnten sonst keine differenzierten Anordnungen mehr treffen – auf Deutsch: Die Bürokratie ist außerstande, Menschen zu helfen, wenn sich zu viele schützen wollen…“
Wir sehen uns am 04.01. im neuen Jahr.
Trotz alledem : Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!