Das Schwerpunktthema der heutigen Montagskundgebung war der starke Rückgang der Ausbildungsplätze. Unter den rd. 20 Teilnehmern entwickelte sich eine interessante Diskussion. Nach dem Singen der Eingangshymne leitete einer der Moderatoren die Debatte ein: „Die Anzahl der Ausbildungsplätze ist bereits seit einigen Jahren ständig zurückgegangen – insbesondere bei den Großunternehmen. Die Corona-Krise hat diese Entwicklung noch verstärkt. Die meisten Ausbildungsplätze bietet nur noch das Handwerk an – aber oft scheitern die Bewerber an mangelnder Qualifikation, weil die Politik unzureichend in der Bildung investiert. Viele Schulen verfügen nicht über eine ausreichende digitale Vernetzung, hinzu kommt ein Lehrermangel. Das möchten wir heute diskutieren. Vielleicht ist jemand von euch selbst betroffen, der bereits zahlreiche Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz ohne Erfolg geschrieben hat“. Einige Schülerinnen, die eine weiterführende Schule besuchen, berichteten: „Während der Corona-Zeit sind wir nur dreimal persönlich in der Schule gewesen, sonst gab es nur digitalen Unterricht, der aber nicht gut geklappt hat. Wir möchten nach den Ferien wieder regulären Unterricht, wissen aber, dass dies bei Corona ein großes Risiko ist“.
Eine Vertreterin Jugendverbands Rebell informierte: „Wir setzen uns für mehr Ausbildungsplätze bei den Großunternehmen und die Übernahme aller Auszubildenden ein. Bereits in den Jahren 2017 bis 2019 hat Opel 60% der Ausbildungsplätze gemessen an der Beschäftigtenzahl abgebaut, VW 18% von 2019 bis 2020 – unabhängig von der Coronakrise. Ähnlich sieht es auch in anderen Großbetrieben wie z.B. Thyssen-Krupp aus. Der Kampf um die Ausbildungsplätze ist jedoch nur erfolgreich, wenn sich so viel wie möglich Jugendliche organisieren, sei es in unserem Jugendverband oder in der Gewerkschaftsjugend und anderen Organisationen. Wir fordern, dass Großunternehmen verpflichtet werden müssen, 10% Ausbildungsplätze gemessen an der Besschäftigtenzahl zu schaffen! Übernahme aller Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung!“
Eine Rednerin erwähnte: „Bei Daimler Benz ist ein rigoroser Stellenabbau geplant. Dagegen muss ein gemeinsamer Kampf aller Belegschaftsmitglieder um jeden Arbeitsplatz organisiert werden. Es darf nicht hingenommen werden, dass die Krisenlasten der Konzerne auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sichert Arbeitsplätze!“
„Besonders finanziell betroffen sind auch Studierende, deren Aushilfsjob durch die Corona-Beschränkungen weggefallen ist wie z.B. in der Gastronomie. Die staatlichen Hilfen reichen bei weitem nicht aus, um den Lebensunterhalt und die Kosten der Unterkunft zu finanzieren. Die wenigsten Studenten haben Eltern, die in dieser prekären Situation einspringen können“, äußerte sich eine Studentin.
„Anstatt den Energiekonzernen für den Kohleausstieg Milliarden Euro in den Rachen zu schieben, sollte dieses Geld für Investitionen in der Bildung (an den Schulen) und die Förderung von Handwerksbetrieben, die Ausbildungsplätze anbieten, investiert werden. Es darf aber nicht vergessen werden, dass Ausbildungsberufe so unattraktiv für Bewerber sind, weil nach der Ausbildung nur ein geringes Entgelt gezahlt wird, z.B. in der Gastronomie oder im Friseurhandwerk. Zudem sind die Arbeitszeiten sehr ungünstig und vor allem die Arbeitsbelastung ist sehr hoch“, meinte ein Redner.
Einer der Moderatoren argumentierte. „Jeder Auszubildende sollte sich in der für seine Branche zuständigen Gewerkschaft organisieren und beitreten. Auch wenn das Unternehmen klein ist oder keinen Betriebsrat hat. Die Gewerkschaften müssen sich wieder zu Kampforganisatoren entwickeln, auch wenn Funktionäre häufig mit den Unternehmen im Einklang sind, die Mitglieder ist jedoch in der deutlichen Überzahl. Im Übrigen müssen Überstunden für Auszubildende verboten werden – von ganz wenigen begründeten Ausnahmefällen abgesehen“.
Eine Rednerin prangerte das Jobcenter in Bochum an: „Eine Bekannte von mir bezieht Hartz IV. Sie hat ein kleines Kind, was zur Zeit noch nicht zur Kita gehen kann – unabhängig von Corona. Trotzdem geht diese Frau für einige Stunden in der Woche arbeiten, sie hat einen 250-Euro-Job. Obwohl dieser Frau aufgrund der Kinderbetreuung keine Arbeit nach dem SGB II zugemutet werden kann, verlangt die zuständige Sachbearbeitung des Jobcenters, sie solle sich noch eine zweite Stelle suchen. Zum Glück konnte die Betroffene einen Rechtsanwalt finden, der für ihre Rechte kämpft“.
Es folgten noch weitere Redebeiträge, die Kundgebung endete mit der Abschlusshymne. Für die nächste Montagsdemo am 10.08.20 ist ein Treffen und eine Diskussion mit Kandidaten für die kommende Kommunalwahl im September geplant, im September soll die 16-Jahr-Feier der Bochumer Montagsdemo stattfinden – natürlich unter Corona-Bedingungen. Vorschläge für das Kulturprogramm sind gerne gesehen. Meldungen unter 0176 65783376.
Die Moderatoren, Ulrich Achenbach und Christoph Schweitzer