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Bochumer Montagsdemo am 12.5.20: Corona-Virus darf nicht verharmlost werden

Die erste Bochumer Montagsdemo seit längerer Zeit in der Corona-Krise war gut besucht uns es kam zu einer kontroversen Diskussion am offenen Mikrofon. Es gab keine Probleme mit dem Gesundheitsschutz, der Mindestabstand von 1,5 Metern pro Person wurde eingehalten und die meisten Demoteilnehmer kamen mit Gesichtsmasken.

Wie gewohnt wurde  zum Anfang der Diskussionsrunde die Eingangshymne gesungen. Danach entwickelte sich eine lebhafte und auch kontroverse Debatte am offenen Mikrofon.

Einer der Moderatoren leitete die Diskussion ein: „Wir können das Wort „Corona“ und „bleibt gesund“ bald nicht mehr hören. Dieses Virus hat durch den sog. „Shutdown“ große Bereiche des täglichen Lebens lahmgelegt und auch zu deutlichen Einschränkungen der persönlichen Grundrechte geführt.  Aktuell ist die hohe Anzahl der Infizierten an Corona bei den Schlachthöfen bzw. Fleischverarbeitungsbetrieben. Das liegt sowohl an den hygienischen Verhältnissen im Betrieb und vor allem an den katastrophalen Zuständen in den Unterkünften der Beschäftigten, insbesondere der Arbeiter aus anderen Ländern der EU wie z.B. Rumänien oder Polen. Inzwischen gibt es einige Lockerungen der Corona- Einschränkungen.  Über diese Situation möchten wir heute diskutieren, ihr habt das Wort“.

Eine Rednerin meldete sich: „Gegen die Einschränkungen der persönlichen Freiheit aufgrund von Corona hat es bereits mehrere Demonstrationen gegeben. Teilweise schritt die Polizei unverhältnismäßig dagegen ein. Eine Mutter mit ihrem Kind wurde von Polizisten gewaltsam angergriffen, obwohl das kleine Kind vor Angst schrie. Selbst wenn es sich um eine spontane Demo gehandelt haben sollte, wäre ein Gespräch mit der Demonstrantin möglich gewesen.“

Ein Betriebsratsmitglied der Opel-Warehousing berichtete: „Wir sind ein Logistikunternehmen für den Vertrieb von Ersatzteile für Kraftfahrzeuge.  Obwohl dieses Unternehmen nicht für die Bevölkerung lebensnotwendig ist, werden wir weiterhin nur aus Profitgründen des Konzern zur Arbeit gezwungen. Selbstverständlich sind Ersatzteile für Kranken- und Rettungsfahrzeuge, PKW für Ärzte und Pflegekräfte u.a. zwingend notwendig. Für den Versand dieser Ersatzteile wäre eine Notbesetzung des Lagers ausreichend. Die hygienischen Voraussetzungen für die Beschäftigung sind jedoch unzureichend. Der Sicherheitsabstand von 1,5 Metern pro Person wird oft nicht eingehalten, zur Desinfektion steht ein Scheibenreiniger! zur Verfügung! Gleichzeitig werden Betriebsversammlungen nicht genehmigt. Das lassen wir uns nicht gefallen“.

Eine Stahlarbeiterin sagte: „In den meisten Betrieben wie den bereits zitierten Schlachthöfen ist es ähnlich. Während für die Beschäftigten der Gesundheitsschutz vernachlässigt wird oder gar nicht einhalten wird, gilt für die Masse der Bevölkerung ein Ausnahmezustand“.

In einer Wortmeldung hieß es: „Im Gegensatz zu den Schulen wurden die Kitas noch nicht wieder geöffnet. Die Kitas sind für viele Familien jedoch notwendig. Selbst wenn die Berufstätigkeit für einige in Home-Office durchgeführt wird, ist die Belastung für den Elternteil nicht mehr zumutbar. Die Arbeit kann nur unkonzentriert und unter großem Stress durchgeführt werden, weil die kleinen Kinder ständig beaufsichtigt werden müssen. Ähnlich wie bei den Schulen müssen dabei jedoch die Hygiene-Bedingungen eingehalten werden. Das ist möglich, wenn entsprechend kleine Gruppen von Kindern in den Kitas betreut werden“.

Einige Redner aus dem Publikum argumentierten, dass die Gefahr durch das Corona-Virus durch die Regierung völlig hochgespielt werde und bewusst eine Panikmache ist. „Es werden immer Menschen sterben müssen und Viren hat es zu allen Zeiten gegeben, so bedauerlich das auch ist. Viele – insbesondere ältere Menschen – sterben an anderen Krankheiten wie z.B. an Krebs. Wurde jemand aus diesem Personenkreis positiv auf Corona getestet, heißt es sofort, er wäre an dem Corona-Virus gestorben“.

Mehrere Montagsdemonstranten entgegneten: „Im Gegensatz zu Krebs ist der Sars-Covid19- Virus hoch ansteckend. Allein schon durch die aktuelle Situation bei den Schlachthöfen und Fleisch verarbeitenden Betrieben ist die regionalen Ansteckungsrate auf über 1,1 der Reproduktionszahl gestiegen, d.h. ein Corona-Infizierter steckt mehr als zwei Menschen an“.

In der weiteren Diskussion mit diesen Rednern stellte sich heraus, dass die Profitinteressen der Konzerne völlig ignoriert wurden und es keine Kritik am mangelndem Gesundheitsschutz der Beschäftigten gab.  Auch über die Anzahl der Infizierten an Corona gab es Meinungsverschiedenheiten, da die Redner argumentierten, dass zahlreiche Menschen an anderen Krankheiten sterben, was nicht publik gemacht würde.

Ein Redner bemerkte dazu: „Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat bereits 2013 vor dem Ausbruch einer Pandemie durch Corona gewarnt, die sich aus Asien weltweit verbreiten kann. Darauf haben die Länder der EU nicht reagiert, auch nicht die Bundesregierung. Außerdem ist die Sterberate der Corona-Erkrankten nicht so niedrig, wie Sie behaupten. Dazu Zahlen des Robert-Koch-Institutes vom 11.05.20: die Zahl der insgesamt gemeldeten Fälle aktuell ca.169. 600. auf  ca. 7420. Die Zahl der Genesenden um 1300 auf 145 600. Berücksichtigt ist nicht die Dunkelziffer. Von einer Panikmache durch das Corona-Virus kann daher nicht die Rede sein“.

Mehrere Redebeiträge gab es auch zur Einschränkung des Demonstrationsrechts durch die Corona-Krise. „Es ist richtig und wichtig, gerade in Corona-Zeiten auf die Straße zu gehen“, hieß es, “ doch auch rechte Organisationen und Parteien versuchen diese Demos durch Verschwörungstheorien zu instrumentalisieren. Dazu gehört auch die Verharmlosung des Corona-Virus. Das hat den Sinn, die Produktion in allen Bereichen wieder nur aus Profitgründen hochzufahren. Das Schicksal der Menschen ist dabei unerheblich“.

Die Montagsdemonstranten unterstützen auch eine Forderung eines Redners, der sich für den „Rettungsschirm“ für Hartz IV-Empfänger einsetzte. „Wir bekommen keine zusätzlichen Unterstützungsleistungen durch den Staat, während der Staat für Milliarden Euro Kredite für Konzerne bürgt“.

Nach den zahlreichen Wortmeldungen endete die Kundgebung mit dem italienischen Partisanen-Lied „Bella chiao“. Auch zeigte sich eine erhebliche Spendenbereitschaft für die Montagsdemo: rd. 40,00 Euro kamen zusammen.

Die nächste Kundgebung ist am 8. Juni 2020 am gleichen Ort.

Die Moderatoren: Ulrich Achenbach, Christoph Schweitzer

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