Seit drei Tagen ist die neue Bundesregierung im Amt. Die 16. Bundesdelegiertenkonferenz der bundesweiten Montagsdemobewegung erklärt Merkel, Scholz, Seehofer, Spahn & Co unmissverständlich: unseres Widerstands könnt ihr euch sicher sein! Seit 13 Jahren gehen Arbeitslose, Hartz-IV-Bezieher, Arbeiter, Rentner, Gewerkschafter, kämpferische Betriebsräte, Frauen, Jugendliche, Migranten, Flüchtlinge, Revolutionäre Montag für Montag gemeinsam gegen die Regierungspolitik auf die Straße. Zu keiner Zeit sind wir davon abgerückt, beweisen Ausdauer und Überzeugungskraft. Das werden wir auch weiterhin tun.
Mit Horst Seehofer ist ein ultrarechter Scharfmacher jetzt neuer Innenminister, der für eine skrupellose Abschiebepolitik, die Verweigerung des Familiennachzugs steht. Unsere Antwort ist, dass wir den Kampf gegen die Spaltung der Werktätigen verstärken werden. Herrn Spahn, der sich als erste Amtshandlung mit der Diffamierung von Hartz IV-Beziehern hervortat, behauptete dass man durch Hartz IV nicht arm wird, dem sagen wir: wir haben schon so manchen Gesundheitsminister überlebt. Mit neuen Gesichtern in der Bundesregierung soll vermittelt werden, dass sich die Regierungspolitik ändert. Wortreich wurde verschiedentlich bekundet, sich mehr mit den Anliegen der „kleinen Leute“ zu befassen. Wenn man sich genauer mit dem Koalitionsvertrag und Regierungsplänen beschäftigt, entpuppt sich so einiges als Mogelpackung. Wir lassen uns kein X für ein U vormachen. Wenn im Koalitionsvertrag von der Bekämpfung der Fluchtursachen die Rede ist, sieht die Realität ganz anders aus. Stattdessen soll die Abschiebung von nicht anerkannten Flüchtlingen intensiviert werden. Auch an der Liste der „sicheren Herkunftsländer“ wird nichts geändert, obwohl diese Länder alles andere als sicher sind wie z.B. Afghanistan.
Der Koalitionsvertrag sieht die Erhöhung des monatlichen Kindergeldes um 25 Euro pro Kind vor – 10€ 2019 und 15€ 2021. Davon profitieren jedoch weder Hartz-IV-Empfänger noch Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) – Sozialhilfe oder Grundsicherung, denn das Kindergeld wird auf diese Leistungen angerechnet.
Kranken- und AltenpflegerInnen arbeiten bereits an der Grenze ihres Limits, eine ausreichend Pflege ist kaum noch möglich. Die angekündigten 8.000 Stellen bei öffentlichen Trägern sind nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist umgerechnet auf die 13.000 Pflegeeinrichtungen nicht mal eine Stelle. Zudem ist das Entgelt für Pflegekräfte sehr niedrig und entspricht bei weitem nicht den Anforderungen an diesen Beruf. Wir unterstützen auch die Kolleginnen und Kollegen von Ver.di, die an verschiedenen Unikliniken um mehr Personal kämpfen. Wir fordern: deutlich verbesserte Betreuungsschlüssel für Patienten bzw. Pflegebedürftige und entsprechende Anhebung der Entgelte für das Pflegepersonal.
Die Verdi-Bundestarifkommission, der Beamtenbund, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordern völlig berechtigt in der derzeitigen Tarifrunde im öffentlichen Dienst u.a. eine Entgelterhöhung von 6 Prozent mindestens aber 200€, Erhöhung der Nachtarbeit- und Schichtzuschläge, Verbesserungen der Pausenregelungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen, Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 100€ und Verlängerung des Urlaubsanspruches für Azubis und Praktikanten auf 30 Arbeitstage. Dieser Mindestbetrag von 200.-€ für alle muss voll durchgesetzt werden, weil dadurch die unteren und mittleren Einkommen profitieren. Wir stehen voll hinter den streikenden Verdi-Kollegen.
Die neue Regierung wird die Wohnungsnot in den Ballungszentren weiter verschärfen: Zwar ist eine Kappungsgrenze und Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Mietspiegeln sowie eine Absenkung des Aufschlags auf die Mieten durch Modernisierungsmaßnahmen von derzeit 11% auf 8% angekündigt. Auf neu versiegelten Flächen werden aber vor allem hochpreisige Wohnungen gebaut. Im Gefolge der sogenannten Mietpreisbremse werden oft schamlos Mieten erhöht. Wir fordern: der soziale Wohnungsbau muss wieder aufgenommen. Mietpreise entsprechend dem Einkommensniveau vor allem für Menschen mit niedrigem Einkommen. Hier ist mit keinem Wort im Koalitionsvertrag die Erhöhung der Angemessenheitsgrenze für die Kosten der Unterkunft vorgesehen.
9,6 Millionen Menschen müssen in Deutschland – einem der reichsten Länder der Welt – von einem Jahreseinkommen unter 8131 bzw. 16.262 Euro als Paar leben. Gleichzeitig ist die Zahl der Einzelmillionäre auf 17.400 gestiegen. Während die Autokonzerne trotz krimineller Kartell-Absprachen, Betrug an Millionen Autokäufern und mutwilliger Umweltzerstörung straffrei ausgehen, wurden in den letzten 10 Jahren Sanktionen in Höhe von fast 2 Milliarden Euro gegen Hartz-IV-Bezieher verhängt. Mit der Einführung der Hartz-Gesetze hat sich die Zahl der Tafeln, der Bedarf an Lebensmittelspenden sprunghaft erhöht. Dass die Tafeln in einem der reichsten Länder der Welt notwendig sind, ist ein einziges Armutszeugnis für die Regierungspolitik. Die Bundesweite Montagsdemo protestierte entschieden gegen die rassistische Diskriminierung und Spaltung von Armen durch die Leitung der Essener Tafel, keine Ausländer mehr neu aufzunehmen. Nach breitem öffentlichem Druck erklärte die Essener Tafel, ab spätestens 01.04.18 wieder Ausländer bzw. Migranten aufzunehmen. Aber auch die neue Regierung plant keine Erhöhung der Regelbedarfe nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) und dem SGB XII. Ebenfalls gibt es keine Änderung der bisherigen Sanktionspraxis bei Empfängern des ALG II, obwohl diese Sanktionen zur Unterschreitung des Existenzminimums führen und damit gegen die Menschenrechte verstoßen.
Die Einheit von Arbeitern und Angestellten in Ost und West und die Angleichung der Löhne ist ein wichtiges Anliegen. Die Angleichung der Renten um 0,1 Prozentpunkte ist ein Witz! Unsere Konferenz fand einen Tag vor dem Equal Pay Day statt. Bis zum 18. März des Jahres arbeiteten rechnerisch Frauen umsonst. So viel machen die Lohnunterschiede immer noch aus.
Der Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze, ob bei Siemens, in der Stahlindustrie oder gegen Zechenstilllegungen wird ein wichtiger Schwerpunkt der Aktivitäten der Montagsdemobewegung 2018 sein.
Die Bundesdelegiertenkonferenz bekräftigte: wir werden das Profil der Bundesweiten Montagsdemo als organisierte Bewegung gegen die Regierung und ihren Rechtsruck schärfen und weiterentwickeln. Wir stellen uns den Anspruch, zu dem Anlaufpunkt für die öffentliche Diskussion und Kritik an der Regierungspolitik zu werden. Dazu verwirklichen wir eine Politik der Offenen Tür auf Grundlage unserer Prinzipien. Als „Tag des Widerstands“ sind wir auch Plattform für den Kampf gegen Umweltzerstörung, die drohende Klimakatastrophe, für die Einheit von Mensch und Natur. Wir verstehen uns als eine Bewegung im Geiste der internationalen Solidarität und Völkerfreundschaft. Wir stellen uns entschieden gegen imperialistische Kriegstreiberei und Unterdrückung.
Wir schlagen deshalb den Montagsdemos u.a. vor, ihre Kundgebungen und Demos stärker unter ein Schwerpunktthema zu stellen und dazu selbstbewusst Gegner und Befürworter der Regierungspolitik einzuladen und gemeinsam mit anderen Kräften kämpferische Proteste zu organisieren.
Lasst uns an Bewährtem festhalten und gleichzeitig neue Wege des Protests gehen!
Einstimmig beschlossen am 17. März in Kassel